Es ist immer noch hökscht unangenehm, beim Arbeitsamt auf den Drahtstühlchen neben den Ballonseidenträgern zu sitzen und dabei der Diskussion am Counter wegen der "dreimaligen Versäumnis der Meldeaufforderung" zuzuhören.

Richtig erschreckend aber ist, wenn die Arbeitsamtsanmeldungsfachfrau sofort die Daten zum Engelsnachwuchs, private Telefonnummern und Uralt- Nebenbeschäftigungen aus dem Hut zaubert. Datenschutz wird bei weitem überbewertet.

"Sie können dann morgen direkt zu Ihrem zuständigen Vermittler. Bitte füllen Sie bis dahin dieses drölfzich Seiten umfassende Formular aus, bringen Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen inklusive Anschreiben und Zeugnissen mit und weisen Ihre Bewerbungsbemühungen nach, sonst werden Sie gesperrt."

Ja hallo, geht´s noch????? NOCH bin ich doch in Lohn und Brot und by the way, das Kündigungsschreiben ist von HEUTE!

Ihr seit so lieb zu mir. Danke, dass ihr mich aufmuntert!

Ja, dass etwas "in der Luft lag", war schon klar, dass es so auf Dauer nicht weiter gehen würde, auch. Aber die Begründung, die mir Cheffe mitgegeben hat, und die Art und Weise, wie ich von heute auf morgen ein Haus verlasse, in dem ich sechs Jahre gute Arbeit geleistet habe, tut mir weh. Und DASS ich gute Arbeit geleistet habe, werde ich mir nicht jetzt zum Schluß nieder reden lassen.

In allem Schlechten liegt immer etwas Gutes. Ich weiß das, und ich werde mich in den nächsten Tagen auch auf all das Gute besinnen. Ich habe viel Zeit dazu, da ich bis zum Ende des Jahres freigestellt bin. Das ist schon einmal des erste Gute: die letzten drei Monate des Jahres waren in meinem Job immer die arbeits- und nerven-intensivsten.

Den letzen Rest meiner Würde habe ich mir dann doch nicht abkaufen lassen und nicht um einen Monat länger gebeten. Auch wenn das bedeutet, dass ich in meinem letzten Prüfungsmonat entweder im Behördenkrieg stecke oder mich in einen neuen Job einarbeiten muss, wobei ersteres leider realistischer ist.

Meine Sachen packen war gar nicht so schwer. Schwerer war es, meiner Azubine zu sagen, dass ich sie nicht durch ihre Prüfung begleiten werde, jedenfalls nicht in meiner bisherigen Funktion.

Und ganz schwer wird der letzte Gang am Montag, wenn ich meine Papiere abhole und alle Kollegen wissen, was passiert ist.

Ich habe Angst, bin tieftraurig über das, was mir gesagt wurde, ich mache mir große Sorgen, wie es demnächst mit uns weitergeht und schwanke immer wieder zwischen "Alles wird gut" und Heulerei.

Wenn da nicht der geliebte Pubertätsengel wäre. Sie sagte mir heute: Mama, das einzige, worum es sich zu sorgen lohnt, das ist das Aussehen. Alles andere kriegen wir ja wohl in den Griff!
Sprach´s, und verschwand zur Schule mit sorgfältig geglätteten und zur Emo-Frisur toupierten Haaren, mit einer Totenkopf-Blumen-Spange und dunklem Kajal um die Augen.

Sie hat ja recht.

Von zufriedenem Orange zu traurigem Tiefschwarz ist es manchmal nur eine Fünfzehn-Minuten-Unterredung weit.

Zum Glück weiß der Erzengel in mir, dass es umgekehrt genau so schnell gehen kann.

Der Postminister brachte uns heute nicht nur viele Rechnungen und Werbung ins Büro, sondern auch ein Ama.zon-Päckchen für mich. Da musste ich mich doch gleich in ein anderes Büro zurückziehen und erst einmal genüßlich das erste Kapitel von "Mocking Jay" lesen (praktischerweise hatte ich Mittagspause).

Ein Jahr habe ich auf die Fortsetzung der "Hunger Games" gewartet. Grund zu großer Freude war die letzte Seite: bei Fantasy weiß man nie, ob aus einer angekündigten Trilogie nicht doch ein Neverending-Sequel wird, aber in diesem Buch steht auf der letzten Seite tatsächlich "The End".

Heute nacht werde ich also erfahren, wie "Die Tribute von Panem" enden. Dafür werde ich morgen sehr sehr müde sein, aber auch sehr sehr glücklich. Und wehe, mich stört heute jemand beim Lesen!

Also, wenn ich gar nicht mehr weiß, was ich beruflich machen soll und mich auch der Meckes nicht an die Pommesmaschine lässt, dann gehe ich zu Astro-TV.

Das kann ich bestimmt auch, habe ich jetzt nach fünfzehn Minuten Praktikum festgestellt, die ich, paralysiert vom Geschehen, vor der Glotze gehangen habe. Ich hätte da sicherlich auch ein paar marketingtechnische Verbesserungen einzubringen.

• Küchenfenster putzen

• eine Waschmaschine waschen und aufhängen

• Küchenregale abwaschen

• eine weitere Waschmaschine waschen und aufhängen

• Badezimmer putzen

• Schlafzimmerfenster putzen

• den Collie kämmen (und tütenweise Unterwolle entsorgen)

• Mutter anrufen (zählt, auch wenn sie nicht da war)

• Microengel Kleiderschrank entrümpeln

• Banana-Chocolat-Swirl Cake backen

Ich muss mehr Geld verdienen, damit ich endlich eine Putzerna bezahlen kann. Wofür habe ich eigentlich Kinder, wenn die an einem solchen Tag zufällig aushäusig sind?

Warum kann man eigentlich nicht in gemütlicher Runde genussvoll essen, ohne dass irgendeiner anfängt, mit verschämten Lachen von Kalorien, Kohlehydraten und "Straf-Inlinern" zu sprechen?

Heute war ich eingeladen zum Zwiebelkuchen essen. Die Gastgeberin hatte sich wirklich Mühe gegeben, es gab leckere kleine Häppchen vorweg (ich lieeebe in Speck eingewickelte Datteln!) der Tisch war liebevoll dekoriert, die Gesellschaft war interessant zusammen gesetzt, und prompt fing es an, das Entschuldigen für das Essen. (wohlgemerkt, ich war gar nicht gemeint, sondern die zwei schlanken Damen am Tisch und der eine Herr mit dem kleinen Bäuchlein) Man habe Angst, "sonst keinen ab zu kriegen". Man, wie bescheuert... und wie traurig eigentlich.

Bei diesem Theater spiele ich nicht mit. Ich esse was ich will, wann ich will und wieviel ich will. Ich treibe keinen Sport. Und mir ist s c h e i ß e g a l, ob ich dann "keinen ab kriege". PUNKT.

Ihr müsst unbedingt drauf klicken :-) Mein Favorit (bis jetzt) ist "play soccer with"