Nein, die Arbeit vermisse sie überhaupt nicht, sagte sie bei ihrem letzten Besuch vor sieben Tagen. Sie würde es genießen, immer noch zur "Büroaufstehzeit" wach zu werden und sich wieder umdrehen zu dürfen. Sie hätte ja auch so viel, um das sie sich kümmern müsste, der Haushalt des Bruders, die kränkelnde Nachbarin, das nächste Familienfest und nicht zuletzt ihr Schatz, mit dem sie endlich all das erleben wollte, wo bisher keine Zeit für war.

Gestern morgen erfuhr ich, dass man meine Kollegin am Wochenende tot aufgefunden hat. Sie war seit Anfang Januar im Ruhestand. Im wohlverdienten, wie man so sagt, nach fast vierzigjähriger Betriebszugehörigkeit. Letzte Woche noch brachte sie uns Kuchen, lachte und scherzte und sprühte vor Lebensfreude. Wir sagten ihr noch, dass ihr das "beschauliche" Rentnerdasein gut zu Gesicht stehen würde.

Unseren Phantasialand-Brauhaustour-Betriebsausflug morgen haben wir abgesagt. Ohne unsere "Mutter der Kompanie" wäre es nicht das selbe.